Erker und Gebäudevorsprünge
Falls keine lärmabgewandte Anordnung der empfindlichen Räume möglich ist und auch durch die seitliche Anordnung der Lüftungsfenster keine genügende Wirkung erzielt werden kann, wird die seitliche Fassade in Form eines Erkers so erweitert und ausgestaltet, dass die Lüftungsfenster teilweise lärmabgewandt zu liegen kommen.
Ein Erker ist ein geschlossener, überdachter Vorbau mit Fenstern und wird anders als ein Balkon voll zur Geschossfläche gezählt. Er dient zur Erweiterung der Wohnfläche und kann sich über ein, aber auch über mehrere Geschosse erstrecken.
Erker bieten bei zweckmässiger Anordnung einen guten Lärmschutz. Messungen haben allerdings gezeigt, dass deren Wirkung aufgrund von Beugungs- und Streuungseffekten massiv geringer ist, als es die Modellrechnungen erwarten lassen. |
Wirkungen und Voraussetzungen
Für alle Erker gilt, dass eine Pegelminderung nur erreicht wird, wenn das ganze Fenster mindestens 0.5 m von der äusseren Erkerkante entfernt ist (siehe Bild oben). Andernfalls wird die lärmmindernde Wirkung infolge Beugung der Schallstrahlen wieder aufgehoben.
Für die verschiedenen Erker-Varianten ist von folgenden Pegelreduktionen auszugehen:
Schräg abgewandte Erker
Vollständig abgewandte Erker
Die maximale Pegelminderung von 6 dB gegenüber dem seitlichen Pegel bzw. rund 9 dB gegenüber dem Fassadenpegel wird nur erreicht, wenn der Raum neben und hinter dem Erker vollständig frei von Gebäuden und Reflexionsflächen ist. Diese Bedingung wird meist nur am Siedlungsrand oder an Hanglagen erfüllt.
Erkerkonstruktionen an der strassen- oder bahnseitigen Fassade haben aufgrund von Reflexionen und Beugungen keine oder nur eine marginale Wirkung.
Weitere Anforderungen
Lärmrechtlich gesehen ist ein Erker eine gestalterische Massnahme an der Fassade. Deshalb müssen bei der Planung von Erkern neben der lärmreduzierenden Wirkung auch weitere relevante Faktoren in Betracht gezogen werden. Unter anderem sind Grenzabstände, Ausnützungsziffer, Ortsbild, Lichteinfall, Brandschutz, Raumzugehörigkeit und Möblierbarkeit zu berücksichtigen.
Erker strassenseitig und Zick-Zack-Fassaden
Wirkungslos wegen Reflexionen: Frontseitige Zick-Zack-Fassade |
Die akustische Wirkung von strassenseitigen, zick-zack-förmigen Fassaden und Erkern wurde im Auftrag der Fachstelle Lärmschutz des Kantons Zürich in einer Empa-Studie (2014) untersucht.
Lärmbelastung und Reflexionen wurden an simulierten Fassaden mit 90°-, 120°- und 150°-Winkeln sowie als Referenz an einer flachen (‘glatten’) Fassade berechnet. Der Empfangspunkt befindet sich jeweilen am Fenster in einer Distanz von 12 m ab Lärmquelle.
Laut den Empa-Berechnungen reduzieren strassenseitige Vor- und Rücksprünge die Belastung nicht. Die durch Aspektwinkelreduktion erreichte lärmmindernde Wirkung wird bei allen Varianten durch Reflexionen zunichte gemacht. Im Vergleich zu der flachen Fassade wurde es sogar tendenziell lauter.
In solchen Situationen ist daher ohne Aspektwinkelreduktion zu rechnen.
Bei Immissionsberechnungen mit gängiger Lärmberechnungssoftware ist auf die Modellierung entsprechender Vorsprünge zu verzichten bzw. die Fassaden als flach zu modellieren.
Wirkungslos wegen Reflexionen: Frontseitige Erker-Fassade |
Ein zur Lärmquelle hin ausgerichteter Erker, der horizontal durchgehend und mindestens 3 m tief und 3 m breit ist, führt laut der Empa-Studie nur zu einer minimalen Lärmreduktion (0.5 dB). Bei Berechnungen mit gängiger Lärmberechnungssoftware resultieren grössere Reduktionen, die nicht angewandt werden dürfen.
Grundsätzlich könnten die Reflexionen reduziert und die Wirkung erhöht werden, wenn die relevanten Fassadenteile absorbierend ausgekleidet werden. Dies ist jedoch bautechnisch und architektonisch schwierig, da Fassadenmaterialien mit dem notwendigen Absorptionsspektrum kein gängiges Bauteil darstellen.
Beispiele aus der Praxis
Zürichstrasse Wangen-Brüttisellen / KT ZH